„Lifestyle Choices“ – Verantwortung, nicht Schuld

Die Forschung von Alexander Fleming, Robert Koch, Paul Ehrlich, Louis Pasteur hat uns viele Lebensjahre geschenkt.

Weil wir so viel älter werden, bekommen wir einen ganz anderen Typ Krankheiten, die früher vergleichsweise selten auftraten. Es sind die, die uns nicht akut „anfliegen“, sondern die sich über Jahre und Jahrzehnte hinweg entwickeln, teilweise im Rahmen des normalen Alterungsprozesses, teilweise durch Umwelt- und Lebensstilfaktoren verstärkt.

Im englischsprachigen Raum spricht man von „Lifestyle choices“ – ein schönes Bild, impliziert es doch, dass es unsere eigene Wahl ist, wie wir leben möchten, wie wir uns ernähren, uns bewegen oder schlafen.

Die Wahl für oder gegen einen gesundheitsfördernden Lebensstil liegt in unserer Hand, sobald wir wissen, was überhaupt „gesundheitsfördernd“ ist (und dieses Verständnis ist durchaus einem gewissen Wandel unterworfen – auch die Wissenschaft lernt täglich dazu).

Für die chronischen Krankheiten, obwohl sie durch den Lebensstil stark zu beeinflussen, manchmal sogar heilbar sind, haben sich Therapien durchgesetzt, die vor allem auf dem Einsatz von Medikamenten beruhen.

Warum ist das so?

  1. Es ist bequemer, regelmäßig Medikamente einzunehmen, und sonst alles beim Alten zu lassen. Seine eigenen, über Jahre und Jahrzehnte liebgewordenen Gewohnheiten auf den Prüfstand zu stellen und Dinge plötzlich anders zu machen, gehört sicherlich zum Schwierigsten, was man von sich selbst oder einem anderen Menschen verlangen kann. Es ist einfacher, an Schicksal zu glauben und die Verantwortung für seine Gesundheit an Ärzte und Pharmaunternehmen abzutreten.

Ist das der Grund, warum heute noch so viele Krebspatienten nach der Operation mit dem beruhigenden, aber lebensgefährlichen Rat nach Hause geschickt werden: „Wir konnten alles entfernen – Sie haben keine Einschränkungen. Leben Sie weiter, wie bisher.“ Selbst bei Krebserkrankungen, die eindeutig eine starke Umweltkomponente haben, wie z.B. Darmkrebs, wo eine Ernährungsumstellung erwiesenermaßen die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall drastisch senkt?

  1. Der Ansatz „Lebensstilveränderung“ beinhaltet einen Hauptvorwurf, der Alternativmedizinern häufig gemacht: „Sie reden den Leuten ein, dass sie irgendwie selbst an ihrer Krankheit schuld sind und das ist unerträglich für die Patienten.“

Ein schmerzhafter Vorwurf, der sich nur schwer entkräften lässt.

Ich meine, das müssen wir eben in Kauf nehmen. Medikamente gegen chronische Krankheiten heilen nicht, sie lindern Symptome zum Preis von Nebenwirkungen. Manchmal ist das das Optimum.

Aber viele Patienten hätten eine reelle Chance auf Heilung, auch wenn das das Eingeständnis bedeutet, in der Vergangenheit manche Dinge aus Bequemlichkeit oder Unwissen falsch gemacht zu haben.

Und ist es das nicht wert?

Die wunderbare Kehrseite dieses Eingeständnisses, dass das eigene Verhalten einen Einfluss auf die Entstehung der Krankheit hat, ist doch, dass es auch die Wiedererlangung von Gesundheit beeinflussen kann, dass man vielleicht sogar Schlüssel zur Heilung selbst in der Hand hat.