Aber Soja ist gefährlich bei Brustkrebs – oder???

Im Post am 17. Januar ging es um die Umweltauswirkungen von Sojaprodukten – heute geht es um die Auswirkungen auf unsere Gesundheit.

Seit man weiß, dass Soja Isoflavone enthält, also östrogenartig wirkende sekundäre Pflanzenstoffe, sog. „Phytoöstrogene“, werden über den Zusammenhang zwischen Brustkrebs und Sojagenuss die wildesten Behauptungen in die Welt gesetzt. Einige sind überzeugt, Soja würde vor Brustkrebs schützen, andere warnen und behaupten, es würde sein Wachstum fördern. Höchste Zeit, das mal ein wenig zu differenzieren.

Studienlage 2018

Es gibt dazu eine Menge wissenschaftlicher Studien und die sind erstaunlich konsistent, wenn man wirklich immer nur den Aspekt festhält, der in der Studie untersucht wurde und sich die Verallgemeinerungen verkneift…

Tatsache ist: Die Isoflavone kommen von ihrer chemischen Struktur her dem Östrogen sehr nah und passen deshalb im Körper auch auf dessen Rezeptoren (Andockstellen). Aufgrund ihrer Ähnlichkeit wirken Sie dort auch wie Östrogen, allerdings viel schwächer.

Das bedeutet: Obwohl beim Genuss von Soja eine höhere Menge östrogenartiger Stoffe im Körper herumschwimmt, kann die Wirkung des Östrogens vermindert sein, denn wenn schwach wirksames pflanzliches Östrogen die Rezeptoren besetzt hat, dann ist für stark wirksames körpereigenes Östrogen weniger Platz.

Asiatinnen haben seltener Brustkrebs

Epidemiologischen Studien zufolge erkranken Asiatinnen (v.a. an Japanerinnen untersucht, die weltweit am meisten Soja verzehren) nicht nur seltener an Brustkrebs, sondern leiden auch weniger unter Wechseljahresbeschwerden.

Phytoöstrogene schützen – manchmal

Schnell hatte man den Verdacht, dass das etwas mit den Phytoöstrogenen zu tun haben könnte. Inzwischen weiß man: Ja, der Verzehr von Sojaprodukten kann tatsächlich vor Brustkrebs schützen, bzw. das Risiko vermindern (ganz klar, einen absoluten Schutz gibt es nicht, egal wieviel Tofu man zu sich nimmt…). Allerdings gibt es eine wichtige Einschränkung: Man muss bereits ab dem Kindes- und Jugendalter begonnen haben, mehrmals pro Woche Sojaprodukte zu sich zu nehmen. Dann bleibt das Brustkrebsrisiko geringer. Europäerinnen, die damit im Erwachsenenalter erst begonnen haben, konnten von diesem positiven Effekt nicht profitieren. Allerdings gingen bei Ihnen durch den Konsum von Sojaprodukten häufig  Wechseljahresbeschwerden zurück. Immerhin!

Warum wir von Tierversuchen hier nicht auf Menschen schließen können

Lange Zeit hat man Frauen, die bereits an Brustkrebs erkrankt waren, vom Verzehr von Soja abgeraten, vor allem, wenn es sich um hormonsensitive Tumoren handelte. Diese Warnung beruhte auf Tierversuchen, doch erstens wären die dabei verfütterten Mengen umgerechnet auf das Körpergewicht eines Menschen überhaupt nicht zu schaffen und zweitens wurden Isoflavone den Nagern im Labor häufig per Spritze verabreicht. Und Soja intravenös – auf die Idee wären Sie sicherlich nicht von selbst gekommen!

Um die Wirkung beim Menschen abschätzen zu können, braucht es den natürlichen Weg über den Verdauungstrakt, denn ein Lebensmittel ist das, was Verdauungssäfte und  Darmbakterien daraus machen. Ein „durchlaufender Posten“, wenn sie nichts damit anfangen können, ein hochwertiger Nährstoff, wenn sie gut damit zurechtkommen und es schön zerkleinert durch die Schleimhaut leiten, ein entzündungsförderndes Agens, wenn es nicht ausreichend zerkleinert bei ihnen ankommt und die Darmschleimhaut gereizt ist. Das sind so viele individuell kombinierbar Faktoren, dass ein Labormäuschen darüber nur unzureichende Erkenntnisse liefern kann.

Inzwischen zeichnet sich ab, dass regelmäßiger Sojakonsum sogar das Risiko absenken könnte, einen Rückfall zu erleiden. Das widerspricht früheren Studien, doch die nationalen Krebsforschungsgesellschaften vieler Länder stufen den Verzehr zumindest als sicher ein. Man legt sich noch nicht auf einen Nutzen fest, doch es scheint nach aktueller Erkenntnislage unbedenklich.

Fazit

Wer mit dem Verzehr von Sojaprodukten aufgewachsen ist und ihn später beibehalten hat, wird mit geringerer Wahrscheinlichkeit an Brustkrebs erkranken als andere, die sie nicht regelmäßig auf dem Speiseplan hatten.

Ob Sie Soja konsumieren oder nicht, dürfen Sie getrost ihrem persönlichen Geschmack und ihrer Verträglichkeit überlassen und bei Wechseljahresbeschwerden ist ein Therapieversuch mit einem Glas Sojamilch am Tag oder einer Handvoll Edamamebohnen sicherlich keine schlechte Idee.