Frischzellenkuren: ein Beispiel für unlautere Berichterstattung

Zugegeben: Die Original-Überschrift des Artikels, der sich mit diesem Thema beschäftigte, war eine andere.
In allen großen Online-Medien konnte man am Samstag lesen:
„Gesundheitsminister will riskante Heilpraktikermethode verbieten“
Im Folgenden erfährt der geneigte Leser dann, dass es um sog. „Frischzellenkuren“ geht, wo Zellen vom Lamm oder Kalb Menschen injiziert werden um dadurch das Immunsystem positiv zu beeinflussen. Die Methode ist alt und etwas aus der Mode gekommen.
Was allerdings nach einer Gegendarstellung schreit, ist die schlicht falsche Überschrift, die mal wieder ein Paradebeispiel für üble Nachrede ist. Dazu ein paar Worte, denn ich habe nicht die Absicht, mich an so etwas zu gewöhnen.
Frischzellenkuren sind KEINE Heilpraktikermethode. Sie wurden von einem Arzt – Paul Niehans – in den 30er Jahren erfunden und der machte in seinem Sanatorium gutes Geld mit internationalen, teils prominenten Gästen, die sich erhofften, dadurch ihren Alterungsprozess für eine Weile aufzuhalten. 80 Jahre danach kann man sagen: Die frühen Anhänger der Frischzellenkuren sind genauso gestorben wie alle anderen Menschen auch, und selbst wenn einige von ihnen ein stolzes Alter erreicht haben, ist nicht nachzuweisen, dass das den Frischzellenkulturen zu verdanken war (smile).
Korrekt wäre die Aussage: „Diese alte ärztliche Methode zur Immunmodulation wird heute auch von Heilpraktikern angewandt und hat sich über Jahrzehnte dahingehend weiterentwickelt, dass die Organopräparate heute deutlich risikoärmer sind als früher.“

Bei den modernen Präparaten ist das Risiko für einen allergischen Schock nicht mehr vergleichbar mit dem, was z.B. Konrad Adenauer hatte, als er sich Frischzellen injizieren ließ um seinem anstrengenden Job als Bundeskanzler (noch) besser gewachsenen zu sein. „Frischzellen“ in dem urspünglichen Sinne gibt es schon lange nicht mehr. Was gern noch genutzt wird, gerade wenn es darum geht, die Methode anzugreifen, ist der alte Name. Honi soit, qui mal y pense.

Ich möchte aber diese Methode, die ich selbst nie angewandt habe, weder bewerben, noch verteidigen. Über ein Verbot oder eine Reglementierung mag von denen entschieden werden, die sich wirklich damit auskennen.
Wogegen ich mich aber deutlich aussprechen möchte, ist die Art, wie man versucht, die Zielsetzung im Beschlussprotokoll des 120. Dt. Ärztetags (dass „Heilkunde“ den Ärzten vorbehalten sein muss, dass das, was Heilpraktiker täglich so machen, keine Heilkunde sei und daher der Heilpraktikerberuf grundlegend reformiert, will heißen beschnitten oder besser noch abgeschafft gehört) auf Biegen und Brechen durchzusetzen.
Ziel gewisser Kreise der Ärzteschaft (und ich glaube nicht, dass diese für die Mehrheit der Ärzte stehen), ist es ja offensichtlich, die Naturheilkunde nun selbst zu übernehmen.
Dieses Ansinnen – man könnte auch sagen Gesinnungswandel, denn Naturheilkunde war nun für Jahrzehnte alles andere als medizinischer Mainstream – setzt sie plötzlich in eine Konkurrenz zu den Heilpraktikern, die es in dieser Form vorher nicht gab.
Da es möglicherweise schwierig ist, den Heilpraktikerberuf zu verbieten, soll er nun zumindest so weit ausgehöhlt werden, Schritt für Schritt, bis er zu einer rein beratenden Tätigkeit zusammengestutzt ist. Es wird dabei tunlichst vermieden, zu erwähnen, dass es dabei um viel Geld für Ärzte in Form von IGeL-Leistungen geht, denn dann müßte man ja zugeben, dass das Gesundheitssystem durch die Tätigkeit der Heilpraktiker (die in der Regel ja von den Patienten direkt bezahlt wird und nicht zu Lasten der Versichertengemeinschaft geht), deutlich entlastet wird.
Als Heilpraktiker merkt man gerade sehr klar, woher seit dem berüchtigten „Münsteraner Memorandum“ der Wind weht:
Gut erprobte, wirksame Mittel werden plötzlich rezeptpflichtig, sodass wir sie nicht mehr verwenden dürfen oder sie verschwinden ganz vom Markt. Die Homöopathie steht sowieso ständig unter Beschuss, Laserbehandlungen (Tattoo-Entfernung!) werden verboten, begleitende naturheilkundliche Therapien bei Krebs, die nachweislich vielen Patienten mehr Lebensqualität verschaffen, sind in Gefahr, für Heilpraktiker verboten zu werden. Und so geht das weiter und weiter, beinahe im wöchentlichen Rhythmus. Auch hier wird mit den Frischzellenkuren wieder eine durchaus diskussionswürdige Sache missbraucht, um den kompletten Berufsstand zu diskreditieren, wohl wissend, dass viele Mediennutzer nur die Überschriften lesen und sich dann für informiert halten.

Wenn das so weitergeht, wird es in dieser Sache nur Verlierer geben.

Was ich mir wünsche, ist desehalb mehr Ehrlichkeit in dieser ganzen Debatte und eine von Anstand und Respekt getragene Diskussion, die sich am Wohle der Patienten ausrichtet und an nichts anderem. Das haben sie verdient, und das haben auch wir Heilpraktiker verdient!