Schock: „Politiker wollen Heilpraktikerberuf abschaffen“

Diese Schlagzeile vor ein paar Tagen auf medwatch traf mich wirklich wie ein Hammer.

Was ich irreführend finde, ist die Überschrift „Politiker wollen Heilpraktikerberuf abschaffen“. Das bezweifle ich. Denn: Politiker wollen doch eigentlich meistens einfach nur wieder gewählt werden. Verständlich – und nicht verwerflich. Wer sonst sitzt schon alle vier Jahre berufsbedingt und ohne eigenes Verschulden auf einem Schleudersitz?

Das Problem ist nur: Dafür müssen sie ein paar starke Lobbys im Rücken haben. Und hier fängt für unsereinen der Ärger an.

Wer den Heilpraktikerberuf tatsächlich abschaffen will, sind nicht die Politiker, sondern Teile des Ärztestandes

Ich glaube nicht einmal, dass das die Mehrheit ist, denn auch in meinem Umfeld mache ich eher die Erfahrung, dass gute Heilpraktiker im Großen und Ganzen von Ärzten durchaus positiv wahrgenommen werden.

Nachzulesen ist eine erhellende, wenngleich einigermaßen diskreditierende Stellungnahme hier, im Schlussprotokoll des 120. Dt. Ärztetags, S. 228 und 229ff.:

https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/120.DAET/120DaetBeschlussProt_2017-05-26.pdf

Relativ genau seitdem hat auch die Hetzjagd in den Medien auf die Heilpraktiker begonnen und die FDP lässt sich willig vor den Karren spannen, mit dessen Hilfe wie angekündigt, ihre Agenda dieser medizinischen Kreise umgesetzt werden soll. Teil der Kampagne ist, dass das Thema ziemlich aggressiv und auch unter Verdrehung von Tatsachen (siehe Frischzellenkuren!) immer wieder in die Medien gebracht wird. Hierbei wird leider die Tatsache ausgenutzt, dass sowohl Politiker als auch Medienvertreter naturgemäß nicht Experten auf diesem Gebiet sein können (das wäre ein bißchen viel velangt, jedoch wünschenswert, wenn sie an einer so weitreichenden Entscheidung/Meinungsbildung mitwirken).

Eigentlich dachte ich immer, ich würde es mal feiern, wenn Ärzte beginnen, die Naturheilkunde ernst zu nehmen und sie wieder mehr in ihre Arbeit mit einzubeziehen. Als ich zum ersten Mal Prof. Michalsen (Lehrstuhl für Naturheilkunde der Charité) bei einem Vortrag erlebt habe, war ich begeistert, dass die Naturheilkunde beginnt, medizinischer Mainstream zu werden und ärztliche Naturheilkundler und Heilpraktiker nicht mehr belächelt werden.

Eigentlich wächst nur wieder zusammen, was ohnehin zusammengehört!

Natuheilkunde sollte nicht von der Schulmedizin getrennt, sondern ein integraler Bestandteil davon sein, auch wenn sie lange vernachlässigt wurde. Eigentlich ist doch erfreulich, dass man sich nun seitens der Schulmedizin wieder auf altes Wissen besinnt und in den letzten Jahren so vieles in der evidenzbasierten Medizin (Stichwort: Darm mit Charme!) angekommen ist und akzeptiert wurde, womit Heilpraktiker auf rein erfahrungsheilkundlicher Grundlage schon seit über 100 Jahren arbeiteten. Das stellt auch unsere Arbeit noch einmal auf solidere Füße. Nun ist vieles amtlich, was die ganze Zeit auf Beobachtungen und Vermutungen basierte. Welch ein Gewinn für  so viele Patienten!

Heilpraktiker und naturheilkundliche Ärzte haben jahrzehntelang dieses alte „Erfahrungswissen“ bewahrt und weitergegeben, als keiner etwas damit anfangen wollte. Haben sich mit Standeskollegen auseinandergesetzt, die sich oft nie näher damit beschäftigt hatten und dennoch trauten zu behaupten: „Das ist doch alles Humbug!“

Wie gut, dass einige Forschergruppen doch an Stellen weitergesucht haben, wo ihnen gesagt wurde, dass da nichts sein könne. Nun haben sie einen echten Schatz gefunden, eine Möglichkeit für ganz neue, vielversprechende Therapieansätze für unterschiedlichste Krankheiten. Das müßte eigentlich sowohl Ärzte als auch Heilpraktiker glücklich machen. Tut es auch.

Was man daraus lernen könnte, wenn man denn wollte: „Ich seh‘ da keinen Zusammenhang“ ist nicht gleichbedeutend mit „Da gibt es keinen Zusammenhang“ – es kann auch einfach nur bedeuten, dass jemand eine neue Brille braucht!

Allerdings: Wo nun Erfahrungswissen und evidenzbasierte Medizin ineinander fließen, die Grenzen verschwimmen, fühlen sich Ärzte plötzlich wieder zuständig für die Naturheilkunde, zumal sie zunehmend von ökologisch denkenden Patienten nachgefragt wird, die auf de Suche nach sanften Alternativen sind.

Dadurch sind die Heilpraktiker in den Augen mancher Ärzte unvesehens zur unliebsamen Konkurrenz geworden, die es am besten auszuschalten gilt. Da geht es um lukrative, privat abrechenbare Behandlungsmethoden (Stichwort: Tattoo-Entfernung, Homöopathie). Da man das aber nicht zugeben kann, wird sorgfältig das Deckmäntelchen der Patientensicherheit darüber ausgebreitet.

Der Aufschrei unter den homöopathisch arbeitenden Ärzten war groß, als ins Gespräch gebracht wurde, man solle die Behandlung mit Homöopathie aufgrund fehlender Wirksamkeitsnachweise komplett verbieten, also auch für Ärzte. Da waren die Münsteraner wohl ein wenig über’s Ziel hinausgeschossen.

Als Heilpraktiker muss man das, was hier gerade passiert, als Verrat an unserem Berufsstand empfinden.

Ich bin mir sicher, dass der „Münsteraner Kreis“ nicht den Großteil der Ärzteschaft repräsentiert und darüber bin ich sehr froh. Aber wir sollten als Heilpraktiker darauf bestehen, dass diese Unehrlichkeit im Umgang mit uns und unserer Arbeit ein Ende hat.

Was wir für ein zukunftsfähiges Gesundheitssystem brauchen, ist MEHR Zusammenarbeit zwischen den Heilberufen – und nicht weniger. Eine Abschaffung des Heilpraktikerberufs, unter dessen Dach sicher einige Paradiesvögel herumfliegen, unter dem aber auch so viel verschiedenartige Expertise zusammengefasst ist, wäre ein großer Verlust – vor allem für die Patienten!